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Rewe will mehr Tierschutz

SPIEGEL ONLINE
11.8.2015
Kastration von Schweinen: Rewe will mehr Tierschutz
durchsetzen
Schweine in einem Mastbetrieb: Rund 20 Millionen männliche Ferkel werden nach ihrer
Geburt ohne Betäubung kastriert
Deutschlands Lebensmittelketten entdecken den Tierschutz für sich. Rewe will ab 2017
bei seinen Eigenmarken kein Fleisch mehr von Schweinen verkaufen, die ohne
Betäubung kastriert wurden. Verbraucher sollen dafür nicht mehr bezahlen.
Die Zustände in manchen Mastbetrieben verderben immer mehr Verbrauchern den Appetit.
Die großen Handelsketten sind im Zugzwang. Der Konzern Rewe will nun mehr Tierschutz
durchsetzen. Das Unternehmen kündigte an, es werde ab 2017 bei seinen Eigenmarken kein
Frischfleisch mehr verkaufen, das von betäubungslos kastrierten Schweinen stamme.
Laut Rewe werden in Deutschland zurzeit noch jährlich rund 20 Millionen männliche Ferkel
in den ersten Tagen nach ihrer Geburt kastriert, ohne dass sie vorher betäubt werden. Mit der
Kastration soll verhindert werden, dass sich der unangenehme Ebergeruch beim Fleisch
ausbildet. Die für die Tiere schmerzhafte Prozedur passe "einfach nicht mehr in die heutige
Zeit", verkündete Rewe. Das Unternehmen kündigte an, es werde nun mit den Lieferanten
eine Strategie zur Einführung alternativer Methoden erarbeiten. Rewe geht nicht davon aus,
dass die Umstellung sich auf den Preis auswirkt.
Mit seinem Schritt steht Rewe nicht allein. Bereits im Frühjahr hatten Aldi Nord und Süd
beschlossen, diese Kastrationspraxis ab 2017 bei keinem Lieferanten mehr zu dulden. Das
deutsche Tierschutzgesetz sieht ein Verbot erst ab 2019 vor.
Der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, begrüßte die Ankündigung
von Rewe. "Die Kastration ohne Betäubung ist pure Tierqual", sagte er. Der Tierschutzbund
erwarte, dass nun andere Händler dem Beispiel folgen.
Für Schröder ist aber das Thema Preis letztlich der Dreh- und Angelpunkt bei einer
Verbesserung der Nutztierhaltung: "Tierschutz kostet Geld", betont er. Darum lasse sich nicht
herumreden.
Vor allem die dauernde Werbung mit Niedrigpreisen für Fleischprodukte im Handel ist
Schröder deshalb ein Dorn im Auge. Sie behindere den Tierschutz. Die aktuellen Initiativen
des Handels dürften darüber nicht hinwegtäuschen: "Solange es noch die Handzettel mit
Billigpreisen für Fleisch gibt, ist der Handel doppelzüngig unterwegs."
asc/dpa
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